Archiv älterer Ereignisse/2005

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Literaturhinweis: Larven als Verdauungshelfer bei Pheidole (28.12.05)

CASSILL, D.L., BUTLER, J., VINSON, S.B., WHEELER, D.J. (2005): Cooperation during prey digestion between workers and larvae in the ant, Pheidole spadonia. - Insectes Sociaux 52: 339-343

Nicht immer sind die Beschaffung von Futter (Furagieren), seine Verteilung im Nest und die Verfütterung an die Larven eine Einbahnstraße. In der genannten Arbeit wird gezeigt, dass bei Pheidole spadonia die Arbeiterinnen Beute (im Versuch: Taufliegen) eintragen und zerstückeln. Die kleinen Partikel werden den auf dem Rücken im Nest liegenden Larven des 4. (=letzten) Stadiums auf den Bauch gelegt, auf eine „Futterkorb“ (food basket) genannte Fläche. Dort drehen und wenden die Larven das Futterstück stundenlang mit ihren Mandibeln, speicheln es mit Verdauungssekreten ein, schlucken jedoch nichts. Stattdessen lecken Arbeiterinnen die vorverdaute, verflüssigte Nahrung auf, schlucken sie in ihren Kropf und verteilen sie anschließend an bettelnde Larven und andere Arbeiterinnen via Regurgitation!

Das ist also eine höchst ungewöhnlich erscheinende Zusammenarbeit zwischen Larven und Arbeiterinnen, hier erstmals für Ameisen nachgewiesen. Die Arbeiterinnen übertragen die Eiweißverdauung auf Larven einer bestimmten Altersgruppe. Selbst sind sie wegen ihrer sehr engen Speiseröhre (Ösophagus), die ja die schmalen Gelenke der Stielchenglieder durchzieht, nicht in der Lage, größere Fleischbröckchen zum Kropf und weiter zum verdauenden Mitteldarm zu leiten. Soziale Arbeitsteilung also zwischen Larven und Arbeiterinnen!

Larven, die kleine Futterbröckchen vor dem Mund, auf dem genannten Futterkorb oder ähnlichen Strukturen, mittels ihrer Mandibeln bearbeiten, sind schon bei vielen Ameisen beobachtet worden. Bei Leptothorax acervorum konnten wir auch den Schluckvorgang im Binokular beobachten: Die Köpfe sind so durchsichtig, dass man winzige gefärbte Futterbröckchen hindurch in den Ösophagus wandern sieht. Die hier berichteten Vorgänge sind bei anderen Ameisen sicher auch zu erwarten, aber keinesfalls bei allen Arten, nicht einmal innerhalb der Myrmicinae.

Bei Wespen hat Maschwitz schon vor vielen Jahren gezeigt, dass Larven ein lebendes Vorratslager für Nahrung darstellen: Sie fressen und verdauen sehr viel Insektenfleisch, aber wenn die Adulten bei schlechtem Wetter nicht ausfliegen können, geben die Larven eine nahrhafte Flüssigkeit aus ihren Speicheldrüsen ab, die es den Pflegerinnen ermöglicht, mehrere Hungetage zu überstehen.

Für die Ameisenhaltung kann man ableiten, dass für Ameisen mit derartigen Ernährungsgewohnheiten (wahrscheinlich alle Pheidole-Arten! Welche anderen Gattungen?) das Verfüttern fester Proteinnahrung ziemlich wichtig sein dürfte. Ein homogenisiertes Gemisch von Zuckern und praktisch gelöstem Protein, wie es bei manchen künstlichen Diäten vorliegt, würde solchen Ameisen wahrscheinlich doch „auf den Magen schlagen“, ihre arbeitsteilige Verdauung durcheinander bringen.

A. Buschinger


Literaturhinweis: Kein Sozialparasit, und auch keine eigenständige Art mehr: Myrmica microrubra. (19.12.05)

Seit der Benennung durch Seifert (1993) wurden die kleinen Geschlechtstiere (zuvor als Microgynen und Micraner bezeichnet) in Nestern von Myrmica rubra als eigenständige, sozialparasitische Art, Myrmica microrubra, betrachtet. Nun ist es mit einem enormen Aufwand an Mitarbeitern (s.u. Autorenliste) und Techniken gelungen, zu zeigen, dass es sich doch „nur“ um Angehörige der vermeintlichen Wirtsart Myrmica rubra handelt. Die Ursache für das Auftauchen solcher „Zwerg-rubra“ ist damit noch immer nicht geklärt. Aber jedenfalls kann man sie nicht als Beweis für die Entstehung eines „intraspezifischen“ Parasiten bzw. für sympatrische Speziation gebrauchen, wie das noch vor zwei Jahren versucht wurde: Savolainen, R. & Vepsäläinen, K. 2003: Sympatric speciation through intraspecific social parasitism. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 100: 7169–7174.

Mir war das Verhalten der so genannten Parasitenart schon immer suspekt, es passte so gar nicht mit dem zusammen, was ich von "richtigen" Sozialparasiten kannte (Buschinger, A. 1997: Ist Myrmica microrubra eine sozialparasitische Ameise? in: Soziale Insekten, IUSSI-Tagung Graz 1997, p. 25, K. Crailsheim & A. Stabentheiner (Hrsg.)), aber das Gegenteil zu beweisen, war schon echt harte Forschungsarbeit, bei der Fachleute mit ganz unterschiedlichen Kenntnissen und methodischen Ausrüstungen kooperieren mussten.

Hier kann man die Kurzfassung online aufrufen (und sich auch sonst in der Zeitschrift „Journal of Evolutionary Biology“ etwas umsehen):

http://www.blackwell-synergy.com/doi/abs/10.1111/j.1420-9101.2005.01053.x

Titel und Autorenliste kopiere ich hier mal herein:

No sympatric speciation here: multiple data sources show that the ant Myrmica microrubra is not a separate species but an alternate reproductive morph of Myrmica rubra

F. M. STEINER, B. C. SCHLICK-STEINER, H. KONRAD, K. MODER, E. CHRISTIAN, B. SEIFERT, R. H. CROZIER, C. STAUFFER & A. BUSCHINGER


Komplettes PDF: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1420-9101.2005.01053.x/pdf

Den Abstract und ein paar zusätzliche Anmerkungen kann man auch hier einsehen:

http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/viewtopic.php?t=254

A. Buschinger ---

Literaturhinweis: Lebenszyklus von Messor structor (18.12.05)

Unser Beitrag zur Biologie einer der mitteleuropäischen Populationen von “Messor structor” ist gerade in der Zeitschrift „Insectes Sociaux“, Bd. 52, S. 360-365, erschienen. Hier die Zusammenfassung.

Die vollständige Arbeit ist für Abonnenten der Zeitschrift online einzusehen. Nicht-Abonnenten können den Zugang für US-$ 30,- erwerben.

http://www.springerlink.com/(oky1ac3pqq0hwc2cwlk4zw55)/app/home/contribution.asp?referrer=parent&backto=issue,12,18;journal,1,36;browsepublicationsresults,988,2577;

Der Jahreszyklus sollte für Messor-Halter interessant sein.

A. Buschinger

Life history traits of a European Messor harvester ant

B. C. Schlick-Steiner1, 2, F. M. Steiner1, 2, C. Stauffer1 and A. Buschinger3

(1) Institute of Forest Entomology, Forest Pathology and Forest Protection, Department of Forest and Soil Sciences, University of Natural Resources & Applied Life Sciences, Hasenauerstraße 38, 1190 Vienna, Austria

(2) Institute of Zoology, Department of Integrative Biology, BOKU, University of Natural Resources & Applied Life Sciences, Hasenauerstraße 38, 1190 Vienna, Austria

(3) Rossbergring 18, 64354 Reinheim, Germany

Abstract. We present life history traits of a Central European harvester ant, Messor cf. structor, determined by gyne and male dissections, behavioural assays, standardised brood photography and laboratory rearing of brood. Messor cf. structor is polygynous and builds up unicolonial populations. Sexuals develop from hibernated larvae in a univoltine cycle and become adult from late summer to late autumn. Neither intra- nor extranidal mating was observed in autumn, even though gynes and males were mature. In spring, after hibernation, intranidal mating without swarming flight took place, even though the flight muscles of alate sexuals were still fully developed.

Keywords: Messor - queen number - colony delimitation - development of sexuals - mating and dispersal strategy


Zur Qualität von Wikipedia (15.12.05)

http://www.nature.com/news/2005/051212/full/438900a.html

Die Zeitschrift “Nature” hat das Wikipedia mit der Encyclopaedia Britannica verglichen. 42 Einträge zu identischen Themen jeweils im Wiki und in der E. Britannica wurden von Fachleuten beurteilt, wobei sie nicht wussten, welche Version aus welcher der beiden Quellen kam.

Das Ergebnis: Wikipedia ist nicht so wesentlich schlechter als die weltberühmte Enzyklopädie wie man aufgrund seiner Entstehung erwarten möchte.

Im Durchschnitt wiesen die Wiki-Einträge 4, die E. Britannica-Einträge 3 Ungenauigkeiten auf. „Nur“ 8 schwere Fehler insgesamt wurden gefunden, davon je 4 in beiden Quellen.


Als Ergebnis der Studie wird aufgerufen, dass Wissenschaftler das Wikipedia vorsichtig-kritisch lesen, vor allem aber es mit Begeisterung verbessern sollten!


Mehr Begeisterung und Einsatz für das Ameisen-Wiki hier wären ebenfalls wünschenswert. Der Stoff ist vergleichsweise übersichtlich, Einträge können hier notfalls rasch editiert und korrigiert werden, während fragwürdige Einträge im „großen“ Wiki oft Monate lang stehen bleiben.

Auf also, Myrmekologen und solche, die es werden möchten, beteiligt Euch! Überlasst nicht die online-Wissensvermittlung denen, die mit ihren Informationen eher geschäftliche Interessen verfolgen!


A. Buschinger

PS: Es lohnt sich, den online frei zugänglichen Artikel in der "Nature", URL s. o., genauer zu lesen!


Neue Ameisenfotos (6.12.05)

Heute (6.12.05) nur ein Hinweis auf umwerfende neue Fotos von Alex Wild. Ameisen, aber auch tolle Bilder von Bienenameisen (Mutillidae).

Ein Genuss!

http://www.myrmecos.net/new.html


Invasive Arten (03.12.05)

G. Heller, Ameisenfachmann, hat eine interessante Fragen zum Thema „invasive Arten“ aufgeworfen:

http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/viewtopic.php?t=249

"Was sind eigentlich invasive Arten?"

Nach entsprechender Diskussion könnte/ sollte vielleicht eine Kurzfassung hier ins Wiki aufgenommen werden.


Kosten der Bekämpfung eingeschleppter Ameisen in natürlichen Ökosystemen (28.11.05)

Immer wieder stößt man auf m.o.w. unsichere Angaben, meist nur Schätzungen, über die Kosten der Bekämpfung unerwünschter Hausameisen, oder der Fire ants usw.. Hier gibt es ein paar aktuelle Angaben:

“The Scientist” 19, Heft 22, S. 16, vom 21.11.05. http://www.the-scientist.com/2005/11/21/16/1

Der hier referierte Beitrag von Nick Atkinson behandelt die Probleme der Ausrottung unerwünschter Neozoen, eingeschleppter Arten, in Ländern, wo sie Schäden in natürlichen Ökosystemen anrichten. Neben dem Nutria (Sumpfbiber), dem Meerneunauge (Petromyzon marinus) und der Aga-Kröte (Bufo marinus) wird die „Little fire ant“ (Wasmannia auropunctata) behandelt.

Sie ist weltweit verbreitet, aber auf warme Klimate begrenzt. Besonders gefährlich in ökologisch bedeutsamen Inselgruppen wie dem Galapagos-Archipel.

Eingeschleppt mit Pflanzenmaterial, besonders Bäumen.

Auswirkungen: Das winzige, hochsoziale Insekt vernichtet lokale Insektenfaunen….Geschätzte Schäden für die Landwirtschaft jährlich hunderte Millionen Dollar alleine in den USA.

Bekämpfung erfolgt mittels Giften, Feuer und Rodung der Vegetation…. Ein Ausrottungsprogramm auf den Galapagos-Inseln kostete in fünf Jahren 8 Millionen Dollar. Mehrere Inseln konnten dabei von der Ameise befreit werden.

Das sollte interessant sein für risikofreudige Ameisenhalter, die glauben solche Beträge aufbringen zu können ;-)

A. Buschinger


Ameisen-Verbreitungsdaten von AntWeb in Google Earth integriert (28.11.05)

http://www.the-scientist.com/2005/11/21/24/1

“The Scientist” 19, Heft 22, S. 24, vom 21. Nov. 2005, enthält gleich zwei Ameisen-relevante Beiträge.

Der eine befasst sich mit http://www.AntWeb.org , einer reichhaltigen Datenbasis mit tollen Bildern (ist hier im Wiki bereits verlinkt).

Neu ist, dass diese Datenbasis nun auch in Google Earth integriert ist. http://earth.google.com (geht leider nur mit DSL-Anschluss).

Man kann eigene Fundorte für selbst gesammelte Arten eintragen, und man kann sich recht exakt die Fundorte für zahlreiche Arten ansehen, so weit sie bereits von Forschern korrekt eingetragen sind.

Brian Fisher, Betreiber des „AntWeb“, empfiehlt allerdings, dass Laien ihre Daten zunächst an sein Forschungsteam senden, anstatt sie direkt einzutragen – sicher eine sehr wichtige Empfehlung! (Im amerikanischen Forum wurde schon berichtet, dass manche „Fundorte“ für Ameisen an recht unwahrscheinlichen Orten, z.B. mitten im Meer zu liegen scheinen). Auch die Befürchtung wurde bereits geäußert, dass fanatische Ameisensammler oder Wiederverkäufer das Instrumentarium nutzen könnten um Fundorte seltener und bedrohter Arten zu plündern. – Keine Medaille ohne Kehrseite!

A. Buschinger


Eingeschleppte ausländische Ameisenarten: Wie viele siedeln sich erfolgreich an? (23.11.05)

Es wäre äußerst wichtig, dass professionelle Ameisen-Importeure, Händler, sowie Halter, die sich so gerne aus dem Urlaub „was mitbringen“, sich die im folgenden beschriebene wissenschaftliche Untersuchung genau durch den Kopf gehen lassen!

Eine brandneue Arbeit in der Zeitschrift PNAS (Bd. 102, November 2005, URL s. unten) befasst sich mit dieser Frage. Es ist beeindruckend: Nicht weniger als 12 (zwölf!) Prozent der zufällig, mit Handelsgütern, in die USA (Festlandsstaaten, ohne Hawaii) eingeschleppten Ameisenarten haben dort Fuß gefasst! Bei insgesamt 232 eingeschleppten Arten ist das die stattliche Zahl von 28. Es kann also keine Rede davon sein, dass solche exotischen Arten grundsätzlich kaum Überlebenschancen hätten!

Unter der zweiten URL (s. u.), online zugänglich, berichtet das „News Bureau“ der Univ. of Illinois genauer. Klar steigt die Anzahl der Ansiedlungs-„Erfolge“ mit der Häufigkeit der Einschleppung einer Art.

Aber der „Erfolg“ (aus der Sicht der Ameisen ….) hängt auch ab von den spezifischen biologischen Eigenschaften der einzelnen Art. Besonders im Boden nistende Arten und solche, die zwar auf/in Bäumen leben, aber nicht auf bestimmte Baumarten spezialisiert sind, eignen sich für die Ansiedlung im fremden Faunen- und Florengebiet. Man hofft, solche Kenntnisse und Erfahrungen nutzen zu können, um eine „neue Welle von Invasoren“ von der Ansiedlung abhalten zu können.

Untersuchungsmaterial waren Ameisen, die in den Jahren von 1927 bis 1985 vom US Department of Agriculture in Quarantäne-Stationen entdeckt und – zumeist unbestimmt - konserviert worden waren. Sie wurden in einem Museum gesammelt. Für jede Probe waren Herkunftsland und Ort der Ankunft in den USA registriert worden. Unter den insgesamt 394 Proben konnten 232 Arten aus 58 Gattungen und 12 Unterfamilien identifiziert werden. Für 156 Arten konnten Daten über die Nistgelegenheiten ermittelt werden. Die Hälfte davon waren arboreal (in Bäumen nistend). 14 % von diesen hatten sich in den USA angesiedelt. Unter dem Gesamtmaterial waren auch fünf Ameisenarten, die von der IUCN zu den 100 schlimmsten invasiven Organismen gerechnet werden.

Übrigens: Einer der Autoren, Philip S. Ward, ist mir als renommierter Ameisenforscher bekannt; für mich Garantie, dass der Artikel keinen Unsinn enthält.

A. Buschinger

http://www.pnas.org/cgi/content/abstract/102/47/17032 (Für Nicht-Abonnenten ist nur der abstract zugänglich)

http://www.news.uiuc.edu/news/05/1115ants.html (Volltext online)

EDIT und Ergänzung 24.11.05:

Inzwischen habe ich die komplette Arbeit von Suarez, Holway & Ward erhalten. Daraus sollen noch ein paar interessante Details ergänzt werden.

Ausgewertet wurden nur solche Einschleppungen, bei denen die Tiere aus ihrem jeweiligen natürlichen Verbreitungsgebiet kamen (ausgeschlossen wurden also Arten, die bereits in vielen Ländern angesiedelt waren und die mit Handelsgütern immer noch weiter verschleppt werden).

Ob eine bestimmte Art sich am Ort der Einschleppung angesiedelt hatte, wurde anhand von Museumssammlungen in der jeweiligen Region überprüft (Ich „erfinde“ hier mal ein erläuterndes Beispiel: In Florida wurde 1940 bei der Kontrolle von Handelsware eine in Argentinien heimische Pheidole-Art entdeckt und konserviert. Dies ist ein Indiz dafür, dass dieselbe Art wiederholt eingeschleppt worden sein dürfte, denn natürlich wird längst nicht jede Einschleppung entdeckt. Jetzt, 2005, findet sich die Art als Sammlungsmaterial in den Insektensammlungen von 3 oder 4 Museen in Florida und den benachbarten Staaten Georgia und Alabama. Das wäre ein klares Indiz dafür, dass diese Art sich angesiedelt und im neuen Lebensraum ausgebreitet hat).

Arten, die in der Sammlung von konfiszierten Ameisen aus Handelslieferungen vorhanden sind, nicht aber in Museumssammlungen der Umgebung des Ankunftsortes, dürften sich am neuen Ort nicht angesiedelt haben (man beachte: Es wurden nur Einschleppungen bis 1985 gewertet; die Ankömmlinge hätten also 20 Jahre Zeit gehabt, sich auszubreiten und „auffällig“ zu werden).

Damit lässt sich recht gut abschätzen, wie hoch der Anteil der unabsichtlich eingeführten Arten ist, der das Potenzial zur Ansiedlung hat.

Arten, die mehrfach in Handelsware entdeckt wurden, werden sicher auch häufiger eingeschleppt als solche, die nur einmal abgefangen worden waren. Das lässt eine Aussage darüber zu, ob die Häufigkeit der Einschleppung einer bestimmten Art entscheidend für ihren Ansiedlungserfolg ist. – Nach der Studie in PNAS ist dies jedoch nur teilweise der Fall; die Eigenschaften der jeweiligen Art, u.a. ihre ökologischen Ansprüche, sind eher von größerer Bedeutung.

Die Daten werden in der Arbeit auch nach Verwandtschaftsgruppen (Unterfamilien) und nach geografischer Herkunft (Neotropis, Paläarktis, Afrika, sowie orientalische Region und Australien) aufgeschlüsselt.

Unter den entdeckten eingeschleppten Arten fanden sich drei Arten von Ecitoninae, von denen sich (eigentlich erwartungsgemäß!) keine angesiedelt hat. Dagegen haben sich von 108 eingeschleppten Myrmicinae immerhin 16 angesiedelt. (Insgesamt gibt es in den USA 34 nicht-heimische Myrmicinae-Arten, die aber nicht alle in dem untersuchten Material aufgetaucht waren. – Dieses repräsentiert eben nur einen Bruchteil dessen, was mit Handelsware tatsächlich eingeschleppt wurde und wird).

Nach geografischer Herkunft aufgeschlüsselt, z.B. Afrika: 15 Arten in dem untersuchten Material entdeckt; davon 2 angesiedelt; insgesamt in den USA angesiedelte afrikanische Arten: 6.

Eine weitere Auswertung nach Gattungen vergleicht innerhalb der eingeschleppten Arten die Zahl der „erfolgreichen“ Ansiedler und derer, die sich nicht angesiedelt haben. So haben sich von 17 eingeschleppten Tetramorium-Arten 15 angesiedelt, nur 2 nicht; oder von 21 Monomorium-Arten 12 angesiedelt, 9 nicht; von 63 Camponotus-Arten 11 angesiedelt, 52 nicht. Von 20 Pheidole-Arten haben sich 2 angesiedelt, von 18 Temnothorax-Arten null.

Ich kann hier nicht alle Details referieren. Wer es noch genauer wissen möchte, muss auf die Originalarbeit zurückgreifen.

Klar ist auf jeden Fall, dass ein beträchtlicher Teil der zufällig eingeschleppten Arten sich im neuen Lebensraum breitmachen kann. Für die absichtliche Einfuhr und die Freisetzung (ob absichtlich oder nicht) ausländischer Ameisen bei uns in Deutschland bzw. in Europa dürften ganz ähnliche Risiken bestehen.

A. Buschinger

EDIT 25.11.05: Siehe "DISKUSSION"


Warnung vor großen schwarzen Ameisen! (16.11.05)

Im amerikanischen Forum wurde die unten einkopierte Nachricht aus der indischen Zeitung „Times of India“ verlinkt. Danach haben große schwarze Ameisen einer an Diabetes erkrankten Patientin in einer Klinik ein Auge ausgefressen. Das Auge war verbunden, und als der Sohn die Binden abnahm, musste er einen „Schwarm“ Ameisen beseitigen. Einen Tag später war die Patientin verstorben. Dem Dienst habenden Oberarzt zufolge sei es nicht ungewöhnlich, dass Ameisen Patienten mit schwerer Diabetes anknabbern.

Uff!

Woman dies after ants eat eye Times of India, India - 9 hours ago KOLKATA: Gouri Chakraborty, whose eye was nibbled at by ants at Sambhunath Pandit Hospital, died around 7.40 am on Tuesday.

Ant-nibbled diabetic patient dies in Kolkata

KOLKATA: A diabetic patient whose left eye was feasted upon by big black ants at a government hospital in Kolkata on Sunday, triggering a public outcry, has died. Hospital sources confirmed that Gouri Rani Chakraborty, whose left eye had a gaping hole on one side when her son Soumen lifted the bandage and cleared a swarm of ants from the swollen eye Monday morning, died on Tuesday. The nurses on duty at the Sambhunath Pandit Hospital on Monday feigned ignorance about the incident and the acting superintendent, A. Adhikary, said that it "was not uncommon for ants to bite a highly diabetic patient". Later in the day, the government announced that a five-member panel of senior hospital officials would probe the incident. The hospital authorities had allegedly asked the family of the 55-year-old woman to move her out. The death of the woman has triggered tension in the hospital premises.


Ein Bernstein-Ötzi (11.11.05)

Unter den folgenden links sind Bilder und eine interessante Diskussion zu finden. Es geht um eine in Baltischem Bernstein eingeschlossene Ameise, vielleicht eine Cataglyphis, bei der Teile der inneren Organe ganz klar zu sehen sind. Click and enjoy!

http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/viewtopic.php?t=233

http://p211.ezboard.com/fantfarmfrm7.showMessage?topicID=1188.topic

Nach einigen mails an Spezialisten in USA und Russland hat Gennady Dlussky die Ameise als Formica flori identifiziert.

A. Buschinger


Angebot von "begatteten Termitenköniginnen" (09.11.05)

Der englische Ameisenladen buyants.co.uk ist wieder online. Bietet weiterhin bei uns geschützte Waldameisen an, sowie Termitenköniginnen für je £45,- "These are mated queens of a mound-building, west African termite species". - Ist der selbst so dumm, dass er die Fortpflanzungsbiologie der Termiten nicht kennt? Oder ist er so unverschämt, dass er seine Kunden für blöd hält und einfach ausplündern will? - Termiten-Geschlechtstiere finden sich zunächst paarweise zusammen, bauen sich eine Gründungskammer, und erst danach kommt es zu einer Verpaarung von König und Königin, die im späteren Leben der Kolonie immer mal wiederholt wird.


Interessante links (05.11.05)

http://antbase.de/interview.html Interview von Donat Agosti durch Martin Pfeiffer

http://www.myrmecos.net/ants/nothomyrmecia.html Neue Bilder der „Dinosaurier-Ameise“ Nothomyrmecia macrops


Literatur-Hinweis: Rossameisen (Camponotus) aus den USA und Kanada (04.11.05)

CARPENTER ANTS OF THE UNITED STATES AND CANADA Laurel D. Hansen; John H. Klotz, 2005, 224 pages, 19 tables, 24 maps, 94 halftones, 52 line drawings; 24 color illustrations in 4-page insert. Cornell University Press 512 East State Street, Ithaca, NY 14850 ISBN 0-8014-4262-1. $35.00s cloth

The carpenter ant is one of the most common and destructive pests affecting homes and businesses. However, in natural areas, these ants also play an important role in forest ecology: they break down dead wood and are the principal food source of the pileated woodpecker.

In the first book devoted entirely to carpenter ants, Laurel D. Hansen and John H. Klotz cover the ants’ life history and foraging behavior, then turn to their economic importance. The authors provide a comprehensive overview of carpenter ant ecology, morphology, taxonomy, and distribution as well as a detailed chapter on control and management that will appeal especially to urban pest control programs and pest management officials. Carpenter Ants of the United States and Canada is illustrated with distribution maps, 94 halftones, 52 line drawings, and 24 color plates on a four-page insert.


Kurzfassungen von Beiträgen einer Konferenz in Kuala Lumpur (Nov./Dez. 2005)

http://www.geocities.com/anet_diwpa/2005/abstracts.html

Einige Beiträge erscheinen mir sehr interessant.

Hier kann man erfahren, was ANeT ist:

http://www.geocities.com/anet_diwpa/index.html

Under a program of DIVERSITAS , a small team in DIWPA (DIVERSITAS in Western Pacific and Asia) has tried to establish a network for social insect reference collections. The action plan initially proposed by the late Professor Tamiji Inoue of Kyoto University. Among the researchers of social insects, myrmecologists were the first to start realizing cooperation of people and institutions interested in this program

Es geht also um eine internationale Kooperation zur systematischen Bearbeitung der Ameisen im Bereich Asien und Westpazifik. Die oben angekündigte Konferenz in Kuala Lumpur ist eine der alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltungen, als "workshop and seminar" angekündigt.

INVITATION TO ANeT:

ANeT is an international network for ant research (myrmecology) in Asia, and aspires to promote this field of science in Asia through research and development, establishment of complete local ant collections, and the efficient communication and networking necessary for conversation (das muss wohl "conservation" heißen"-A.B.) of ants in particular and Asian biodiversity in general.

Members of ANeT can exchange knowledge and information on ants, and ant specimens for their reference collections. At the workshop and seminar held every other year, studies on many aspects of Asian ants are reported and research programmes are discussed on an international basis. After the workshop and seminar you will enjoy an excursion to collect and observe ants; the field trip may include practice of selected protocols for ant faunal assessment and identification of collected ants.

More than 30 people from more than ten countries have been enjoying cooperation through the activities promoted by this unique network. Anyone interested in Asian ants can join us right now.

Origin and Development of ANeT:

A proposal for extablishing reference collections of social insects in eastern Asia was made at a DIWPA Workshoop held in Singapore (1-3 December 1995). This led to the preparation of a network for social insect researchers, being supported by the Japanese government. Ants became a primary target group for it (1996 - 98).

The First Workshop on Asian myrmecology was held at Kasetsart University; ANeT was formally established (30th October - 1 November 1999, Bangkok Thailand). The Second ANeT Workshop and Seminar was held at the Institute for Tropical Biology and Conservation, Universiti Malaysia Sabah; the formal organization of ANeT was established (2 - 3 November 2000, Kota Kinabalu Sabah Malaysia). The Third ANeT Workshop and Seminar was held at the Institute of Ecology and Biologica Resources, Vietnam; goals of activities were set up (3 - 4 November 2001, Hanoi, Vietnam).

Meanwhile the 'Ant Museum' was opened at the Forestry Faculty, Kasetsart University; this was alongside the establishment of a domestic network, ANeT Thai (31 May - 1 June 2001).

ANeT Organization and Activities

Office : The Institute for Tropical Biology and Conservation, Universiti Malaysia Sabah, Kota Kinabalu Malaysia (ITBC, UMS).

Committee : Country-based, comprising for the moment 8 personels from 7 countries. President : Prof. Datin Dr. Maryati Mohamed (ITBC, UMS). Secretary and Treasurer : Staff of ITBC. Resource Person : R. Kohout (Australia). Editorial Board : Prof. Seiki Yamane (Japan) & Dr. John R. Fellowes (Hong Kong/UK)

Membership : Individual-based, open to all the countries in the world. Annual fee : USD 5.00. Free for students.

Workshop and Seminar : Will be held every two years, together with a field trip

Publications : Newsletter, proceedings, identification guide and others

Local organization : Each country can develop a domestic network like "ANeT Thai"

If you are interested in joining ANeT, why don't you fill up the membership form by clicking the link below :-


REGISTRATION FORM (siehe oben angegebene URL)

A. Buschinger


Aufgelöst: Die IUCN – SSC Social Insect Specialist Group!

In der Zeitschrift „Die Waldameise“ hatte ich einmal über die „Ant Spezialist Group“ berichtet (Buschinger 1989*). Innerhalb der IUCN (Internationale Kommision für die Erhaltung der Natur) gab und gibt es die SSC (Species Survial Commission, Kommission zur Erhaltung der Arten; derzeit 7.000 Mitglieder!). Diese wiederum enthält zahlreiche Spezialisten-Gruppen, die zuständig sind für bestimmte Artengruppen, seien es Kakteen, Orchideen, Farne, Wale, Elefanten oder kleine Carnivoren.

Für wirbellose Tiere existierten einst eine ganze Anzahl von Spezialisten-Gruppen, darunter auch die (1994 aus der Ameisen-Gruppe hervorgegangene) „Soziale-Insekten-Spezialisten-Gruppe. Ich war seit Gründung Mitglied der Ameisen-Spezialisten-Gruppe. Unter anderem haben wir Vorschläge für die Aufnahme von Arten und Artengruppen in die Internationale Rote Liste erarbeitet. Agosti et al. (2000**) haben ein viel beachtetes Buch herausgebracht über Standardmethoden zur Messung und Überwachung der Biodiversität von Ameisen.

Nun erreichte mich eine e-mail des derzeitigen Vorsitzenden der SISG, Dr. Donat Agosti aus Bern. Danach wurde von der SSC die Social Insects Spezialist Group unerwartet und ohne vorherige Rücksprache schlicht gestrichen! Anscheinend sind sogar die meisten Gruppen im Bereich der wirbellosen Tiere abgeschafft worden; dort finden sich nunmehr nur noch die Gruppe für Mollusken und die für Odonata (Libellen). Die derzeitigen Spezialisten-Gruppen sind hier aufgelistet: http://www.iucn.org/themes/ssc/sgs/sgs.htm

Immerhin befasst man sich mit sozialen Insekten noch im Bereich der Invasive Species Specialist Group (ISSG), da einige soziale Insekten (darunter 5 Ameisenarten) zu den 100 schlimmsten invasiven Arten weltweit gerechnet werden. Da steht aber nicht der Schutz VON Ameisen, sondern VOR Ameisen im Vordergrund. http://www.issg.org/

Was die Gründe für die Abschaffung unserer Gruppe sind, ist mir nicht klar. Wie Agosti schreibt, liegt die Zukunft der Sozialen Insekten innerhalb der IUCN in den Sternen. Aber wir werden weiterarbeiten, wobei alle Wissens-Fortschritte weiterhin online frei zugänglich sein sollen, z.B. über das Portal http://antbase.org/

A. Buschinger

  • ) Buschinger, A. (1989) : IUCN-SSC Ant Specialist Group. Die Waldameise 2, 84, 1989.
    • ) Agosti, D., Majer, J.D., Alonso, L.E., Schultz, T.R. (2000): Ants. Standard Methods for Measuring and Monitoring Biodiversity. Smithsonian Institution Press, Washington and London, 280 S.

Eier in der Unterhose

Pressemitteilung 15.10.05

SYDNEY. Weil er 23 Eier in seiner Unterhose außer Landes schmuggeln wollte, ist ein Australier zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Mehrere Eier stammten von geschützten Kakadu-Arten, wie der Zoll am Freitag mitteilte. Der Mann war 2004 in Sydney kurz vor dem Abflug nach Zürich festgenommen worden. Auf das Schmuggeln von Tieren und Pflanzen stehen in Australien bis zu zehn Jahre Haft. –

Dass australische Tiere bei uns so teuer sind, ist ja angesichts derartiger Risiken durchaus zu verstehen. Eigentlich können sie gar nicht teuer genug sein.

Grummelt Echidna (dem in der Unterhose zu schmuggeln zum Glück etwas ungemütlich sein dürfte)


Neue Seite Ants of Borneo mit Glossar der morphologischen Fachtermini (11.10.05)

Für alle, die Englisch können: Es gibt eine neue, japanische Seite (in perfektem Englisch), über die Ameisen von Borneo, z.B. mit eindrucksvollen Artenlisten: http://homepage.mac.com/aenictus/AntsofBorneo.htm

Wichtig auf der Seite erscheint mir auch ein Glossar der morpologisch-anatomischen Begriffe bei Ameisen: http://homepage.mac.com/aenictus/g1.html


Nun auch ein Wikimedia (07.10.05)

http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Schw%C3%A4rmende_Ameisen.jpg

Gott und die Welt in Bildern, auch ein paar Ameisen dabei, und alles zum freien Gebrauch! Ansehen lohnt sich allemal. Mitmachen? - Lieber hier im Ameisenwiki was beitragen!

A. Buschinger

Anmerkung von Witzman: Wikimedia ist ja nur der Server, auf den die Wikipedia-User ihre Bilder, Sounds Filme usw ablegen....


Forschung, Bildung und Ameisen-Verbrauch (05.10.05)

Wissenschaftler werden immer wieder angegriffen, weil sie für ihre Forschung Tiere schädigen oder töten müssen. Anlässlich der TV-Wiederholung des Filmes „Ameisen – heimliche Weltmacht“ mit Prof. Dr. Bert Hölldobler am 04.10.05 im WDR kam diese Diskussion wieder in einigen Ameisen-Foren hoch.

Es sollte zur Allgemeinbildung gehören, dass man sich über die zahlenmäßigen Relationen ein paar Gedanken machen kann.

Der Griff ins Waldameisennest war in diesem Fall sicher nur als „Blickfang“ gedacht. Ein so kleiner Eingriff tötet kaum eine Ameise, und die Beschädigung der Kuppel ist von den Tieren in weniger als einer Stunde ausgeglichen. Über den Winter von Wildschweinen total platt gemachte Nester werden im Frühjahr innerhalb weniger Tage wieder zu schön gewölbten Hügeln (D. Otto 2005: „Die Roten Waldameisen“). Dies darf natürlich nicht als Freibrief für eigene „Experimente“ dieser Art missverstanden werden. Oft wiederholte Störungen, Stochern im Nest, das nahe Herantreten usw. bewirken auf Dauer eine wirkliche Schädigung der Ameisen, die nicht selten zum verlustreichen Wegziehen der Völker führt. – Der Film zeigt Millionen Menschen, wie es in einem solchen Bau aussieht. Die müssen das schon mal nicht mehr selbst „erforschen“. Weit bedeutsamer sind Kolonieverluste durch die normale Waldwirtschaft: Kahlschlag, so dass die überlebenden Waldameisen mangels Honigtau verhungern; Vernichtung ganzer Nester durch darüber walzende Vollernter oder durch unvorsichtiges Holzrücken über die Nester hinweg (trotz intensiver Aufklärungsarbeit durch die DASW).

Das Ausgießen eines Blattschneider-Nestes (6 Millionen Tote, oh je!): Blattschneider gehören in den Tropen der Neuen Welt zu den wirtschaftlich bedeutendsten Schädlingen der Landwirtschaft. Eine ungeheuer große Zahl von Völkern wird jährlich durch Pestizidbehandlung vernichtet. Das eine oder andere für Forschungs- und Demonstrationszwecke „geopferte“ Volk fällt dabei wahrlich nicht ins Gewicht.

Vergleicht man die Situation mit Lasius niger in Deutschland (die nur vergleichsweise selten schädlich oder lästig wird), so werden alljährlich gigantische Anzahlen von Koloniegründungen auf Agrarflächen bei der normalen Feldbearbeitung (Pflügen, Eggen, Walzen, mit Traktor befahren usw.) vernichtet. Offene Bodenflächen sind für frisch begattete Königinnen nun mal verführerisch als Orte für die Gründung ihrer Kolonien. Für Versuchszwecke, z.B. zur Entwicklung von Bekämpfungsmitteln, wird dagegen eine verschwindend winzige Anzahl von Völkern verbraucht.

Und Bekämpfungsmittel, mit denen wiederum zahllose Völker getötet werden, sind überall im Einsatz. Selbst Ameisenhändler bestreiten einen Teil ihres Lebensunterhalts mit dem Verkauf solcher Mittel, ebenso wie Schädlingsbekämpfer. Wobei dank Unkenntnis von Anbietern, Käufern und Anwendern oft auch harmlose Ameisen und andere Insekten den Bekämpfungsaktionen zum Opfer fallen.

Ein kleiner Ausblick auf andere Organismen: Das Sezieren von Fröschen im Biologiestudium wird gebrandmarkt. Frösche aus Deutschland dürfen schon seit Jahrzehnten nicht mehr seziert werden. Seit einigen Jahren sind auch Importe von Fröschen aus der Türkei, aus Indien usw. für diesen Zweck verboten. ABER: Es dürfen weiterhin Froschschenkel (und auch Weinbergschnecken, für die dasselbe gilt) für kulinarische Zwecke importiert und bei uns verzehrt werden. Seht Euch in Feinkostgeschäften um.

„Tierschützer“ prangern den Verbrauch von Mäusen und Ratten in medizinischen Versuchslaboren an. Nachgezüchtete, für die Natur bedeutungslose Tiere. Ein Vielfaches der (sicher unerfreulich hohen) Zahlen wird vernichtet wiederum bei der normalen Feldbearbeitung (Feldmäuse, aber auch seltenere und streng geschützte Spitzmäuse etc.). Und bei der routinemäßigen Bekämpfung von Mäusen in Lebensmittel-Speichern, von Wanderratten auch bei der aus Hygienegründen notwendigen Bekämpfung im Kanalisationssystem aller Städte.

Hunde und Katzen (Zahlen sind zu ergooglen) werden (zum Glück!) kastriert, damit aber ihrer natürlichen Bestimmung, der Fortpflanzung, beraubt: Sie werden zu unserem Vergnügen „verbraucht“; das sollte man sich als Tierfreund schon mal vergegenwärtigen, wobei ich es keinem Tierhalter zum Vorwurf machen möchte!

Viele Millionen frei laufender Katzen reißen Kleinvögel, Feld-, Wald-, Spitzmäuse usw., die alle geschützt oder „besonders geschützt“ sind (siehe Bundesartenschutzverordnung). Als Bürger darf ich mir bei Androhung hoher Strafen keinen frei lebenden Vogel oder etwa eine Waldmaus aneignen (aus der Natur entnehmen). Wohl aber darf ich meine Katze ins Gelände lassen, wo sie jährlich u.U. mehrere hundert geschützte Kleinsäuger und Vögel erlegen kann.

Ich denke, diese sehr kleine Auswahl von Daten und Fakten sollte man sich durch den Kopf gehen lassen, bevor man über die Tötung einer vergleichsweise winzigen Zahl von Tieren für wissenschaftliche Forschung ein Wehgeschrei erhebt.

Aufgespießt von Echidna (der zum Glück noch straflos Ameisen und Termiten essen darf).

Frösche: In Darmstadt haben wir in den letzten Jahren aus USA importierte, konservierte Frösche bezogen und seziert. (A.B.)


Überwinterung im Kühlschrank, ein Tipp: (03.10.05)

Im Kühlschrank (Gemüsefach) überwinternde Ameisen müssen wöchentlich kontrolliert werden! Beobachtung: In einem flachen (3 cm hoch), mehrkammerigen Kunststoffbehälter mit Gipsboden bildet sich rasch sehr viel Kondenswasser unter dem Deckel, während der Gips und das darauf liegende, flache Nest austrocknen. Die Ameisen (Tetramorium) begannen bereits, Brut in eine noch feuchtere Kammer umzuräumen (bei ca. 10 C).

Wahrscheinliche Ursache: Kaltluft kommt im Kühlschrank von oben, so dass der Deckel ein wenig kälter als der Boden des Formikars ist. In meinen Kühl-Brutschränken im Institut war ein Ventilator installiert, der für eine gleichmäßige Temperatur im gesamten Raum sorgte. Da trat dieses Problem in Formikarien desselben Typs nicht auf.

Wie sich andere Formikarien, Farmen, Ytongsteine etc., unter diesen Bedingungen verhalten, weiß ich nicht. Hier hilft nur Beobachten und regelmäßige Kontrolle.

Wenn es draußen kälter wird, werden meine Ameisen in der Garage bei 3-5 C untergebracht, wo wegen der ebenfalls dort überwinternden Kakteen usw. ein Frostwächter installiert ist.

A. Buschinger


Literaturhinweis: Nicht kaufen! (01.10.05)

Bei der Durchsicht der kürzlich erschienenen Neuauflage von Dieter Otto „Die Roten Waldameisen“ bemerkte ich, dass es in derselben Reihe „Die Neue Brehm-Bücherei“, Westarp Wissenschaften Verlags-GmbH, ein weiteres scheinbar neues Buch über Ameisen gibt: „Ameisen“, von Prof. Dr. Otto Scheerpeltz, 2003 (sic!). Ich bestellte das Werk. Was ich erhielt, grenzt schlicht gesagt an Betrug: Zweite, unveränderte Neuauflage; Nachdruck der 1. Auflage von 1951, sage und schreibe 32 Seiten, 17 ziemlich nichts sagende Fotos in einer Qualität wie von einem schlechten Trockenkopierer. Inhaltlich kaum über einen Schüleraufsatz hinausgehend war es schon zu seiner Zeit, 1951, eine sehr schwache Leistung. Auf der letzten, der 37., Seite die abschließende Erkenntnis über Ameisen: „Sie sind Wesen, die ganz primitive Eigenschaften besitzen, …“ – Das trifft uneingeschränkt eher auf dieses Büchlein zu, das man besser einstampfen sollte als es noch heute anzubieten, zumal für stolze € 17,45!

A. Buschinger


Literaturhinweis: Band 7 der Myrmecologischen Nachrichten ist erschienen! (29.9.05)

Neben der gedruckten Version (€ 20 bzw. € 10 fuer Mitglieder der OEGEF, Oesterreichische Gesellschaft fuer Entomofaunistik), gibt es eine nicht druckbare Online-Version, die unter http://www.oegef.at/myrmekologische.html einzusehen ist.

Bestellungen der gedruckten Version bitte per E-mail an herbert.zettel@nhm-wien.ac.at; die Zahlungsmodalitaeten sind einsehbar unter http://www.oegef.at/Preise.pdf.

Das Inhaltsverzeichnis ist im Forum der DASW unter „Literaturhinweise“ gepostet: http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/index.php

A. Buschinger


Literaturhinweis (gerade erschienen) (28.09.05)

Dieter Otto: Die Roten Waldameisen, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Die Neue Brehm-Bücherei; Westarp Wissenschaften-Verlags-GmbH, Hohenwarsleben. 192 S., 39 s-w und 38 farbige Fotos, € 27,45. ISBN 3 89432 718 9.

Das vollständig überarbeitete und aktualisierte Buch befasst sich im wesentlichen mit den Waldameisenarten Formica polyctena und F. rufa, zeigt aber anhand dieser Formen auch viele allgemein für Waldameisen und andere Ameisengattungen zutreffende morphologische, physiologische, ethologische und ökologische Fakten auf. Auch die klassischen Techniken zur künstlichen Vermehrung und zum Schutz der Waldameisen sind behandelt, deren Sinn kritisch hinterfragt und durch neuere Gesichtspunkte ersetzt wird. Der farbige Bestimmungsschlüssel für Waldameisen von D. Bretz und P. Douwes ist ebenso enthalten wie ein umfangreiches Literaturverzeichnis und Register.

Eine ausführliche Besprechung wird in der Zeitschrift der DASW „Ameisenschutz aktuell“ erscheinen. Bereits jetzt kann ich aber sagen: Für ältere und jüngere Ameisenfreunde und solche, die es werden wollen, ein sehr geeignetes Buch zur Einführung und bestimmt ein wertvolles Geschenk für den Gabentisch!

A. Buschinger


Neue Ameisenart aus Holland (23.09.2005)

Noch immer lassen sich in Mitteleuropa bisher unbekannte neue Arten entdecken: P. Boer & J. Noordijk 2005: Myrmica schenckioides nov. sp., a new socially parasitic ant species (Hym., Formicidae). Entomologische Berichten 65, 120-123

Die Art soll bei Myrmica schencki parasitieren, der sie äußerlich am meisten ähnelt. Allerdings wurde nur ein einziges geflügeltes Weibchen gefunden, das in eine Bodenfalle geraten war. Es weist einige sonst bei parasitischen Myrmica-Arten vorkommende Merkmale auf, weshalb die Autoren auf eine sozialparasitische Lebensweise schließen. Hoffen wir, dass es bald gelingt, weitere Tiere zu entdecken, und zwar möglichst innerhalb von Wirtsart-nestern, so dass ihre Biologie erforscht werden kann.

A. Buschinger


Neues vom Handel mit exotischen Ameisen (21.09.2005)

„Im Deutschen Forum: Fotoforum des weltweit ersten und größten Ameisenladens wurde am 19.09.05 gepostet, dass der Geschäftsführer des antstore Boppard von einer Australienreise mehrere schöne, neue Ameisenarten mitgebracht habe (noch einsehbar am 02.10.05).“

Am 20. September 05 lautet das Angebot an exotischen Ameisen des antstore Boppard:

Kolonie: Atta sextens (extra große Kolonie) 699,00EUR (Südamerika)

X Kolonie: Calomyrmex purpureus smaragdinus 280,00EUR

X Kolonie: Meranoplus bicolor 109,00EUR

Kolonie: Pheidologeton diversus 129,00EUR (Indonesien, vermutlich Java)

Kolonie: Pheidologeton diversus (2 Königinnen) 169,00EUR (Indonesien, vermutlich Java)

X Kolonie: Polyrhachis ammon 250,00EUR

Kolonie: Polyrhachis dives (Weberameisen) 290,00EUR 180,00EUR (Java)

X Königin: Myrmecia nigrocincta 420,00EUR

X Königin: Myrmecia spec. 420,00EUR

Königin: Paraponera clavata 498,80EUR (Mittel- oder Südamerika)

X Königin: Rhytidoponera metallica 129,00EUR

angezeigte Produkte: 1 bis 11 (von 11 insgesamt) Seiten: 1

Anmerkungen:

1.) Die mit X gekennzeichneten Angebote sind ganz frisch aus Queensland/ Australien importiert. Bei älteren Angeboten habe ich die (vermutliche) Herkunft ergänzt.

2.) „Calomyrmex purpureus smaragdinus“ ist nach den Abbildungen im Forum bzw. im Angebot falsch bestimmt: Es ist keinesfalls die Gattung Calomyrmex, entsprechend auch nicht die genannte Art oder gar Unterart. Folglich ist auch die „Beschreibung“ mit Haltungshinweisen kaum zutreffend.

3.) Für keine der neu eingeführten Arten dürften Haltungserfahrungen vorliegen. Frisch aus dem Freiland entnommen und sofort verkauft. Das Risiko trägt der Käufer.

4.) Keine der Arten wurde also z.B. auf Parasiten untersucht, was der antstore zumindest früher immer beteuert hatte (Endoparasiten sind an lebenden Tieren von außen nur selten zu erkennen).

5.) Sämtliche Warnungen führender Ameisenforscher (E.O. Wilson, B. Hölldobler, J. Heinze, B. Seifert, B. & F. Schlick-Steiner, A. Buschinger u.a.) vor der Einschleppung exotischer Ameisen und ihrer möglichen Parasitenfracht werden von den Händlern missachtet.

6.) Ob für den Export der Tiere aus Australien entsprechende Genehmigungen vorliegen, ist nicht zu ermitteln. Selbst für wissenschaftliche Zwecke sind solche Genehmigungen extrem schwer zu bekommen. Hatte Herr Kalytta allerdings eine solche Genehmigung, fragt man sich, weshalb er bei der so großen Nachfrage in Deutschland nicht wesentlich mehr Arten und Kolonien mitgebracht hat.

A. Buschinger


CrickBox

Vorsicht!

"CrickBox - Dose zum Bestäuben von Futterinsekten 1,90 € Beschreibung: CrickBox ermöglicht eine einfache und schnelle Behaftung von Futterinsekten mit Futterpulver z.B. Vitamine, Calcium usw. Gewünschte Menge an Futterinsekten in die Schütteldose füllen, Futterpulver zugeben, Deckel verschließen und schütteln. Die Futterinsekten werden gleichmäßig eingestäubt."

In seinem Forum zitiert der Anbieter diesen Text und fügt an:: Kann aber auch zum Betäuben verwendet werden, dazu bräuchte man aber noch Essig-Äther.

Essigester = Essigäther = Essigsäureäthylester ist eine stark riechende Flüssigkeit (z.B. UHU-Alleskleber riecht danach). Zugleich ist es ein Lösungsmittel u.a. für Kunststoffe. Es wird gerne zum Abtöten von Insekten für Sammlungszwecke benutzt. „Betäuben“ kann man Insekten damit nur kurzfristig, wobei sie Schäden davontragen, auch wenn sie sich nach kürzerer, noch nicht tödlicher Einwirkung scheinbar wieder erholen. VORSICHT: Löst Kunststoff-Behälter an, macht sie trübe, oder verklebt z.B. Dose und Deckel, oder auch die zu betäubenden Insekten.

ECHIDNA warnt fauchend.

Aus einem Datenblatt der Uni Würzburg:

Essigsäureethylester [141-78-6] C4H8O2; (Ethylacetat; Essigester; Essigether). Farblose, charakteristisch riechende Flüssigkeit.

Gefahren für Mensch und Umwelt Leichtentzündlich. Die Dämpfe sind viel schwerer als Luft und bilden mit Luft explosionsfähige Gemische. Mit Oxidationsmittel heftige Reaktion, ggf. Entzündung möglich.

Ethylacetat besitzt in niedrigen Dampfkonzentrationen einen angenehm fruchtargtigen Geruch, in mittleren Konzentrationen schleimhautreizende, in höheren Dosen narkotische Wirkung. Dasselbe tritt nach Verschlucken ein, wobei geringe Dosen krampflö ;send und auf die Atmung vertiefend wirken. Die Symptome nach Inhalation sind: Kratzen im Hals, Appetitlosigkeit, Magenschmerzen , Kopfschmerzen. Bei höheren Konzentrationen, je nach aufgenommener Menge, subnarkotische bis narkotische Symptome, evtl. . Atemlähmung. Lungenödeme sind möglich. Durch entfettende Wirkung sind Hautekzeme möglich. Schwach wassergefährdender Stoff (WGK 1).

Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln Von Zündquellen fernhalten. Nur in gut gelüfteten Bereichen verwenden. Schutzhandschuhe nur als kurzzeitiger Spritzschutz.

Verhalten im Gefahrfall (Unfalltelefon: 112) Mit saugfähigem, inertem Material z. Rench Rapid oder Chemozorb aufnehmen. Rückstände mit viel Wasser und Netzmittel wegspülen. Wasser, Kohlendioxid, Trockenlöschmittel, Schaum.

Erste Hilfe Nach Augenkontakt: Bei Kontakt gründlich mit Wasser (mind. 10 Min.) spülen. Augenarzt konsultieren. Nach Einatmen: Frischluft. Nach Verschlucken: Sofort und wiederholt reichlich Wasser trinken. Erbrechen vermeiden (Aspirationsgefahr!). Arzt aufsuchen. Nach Kleidungskontakt: Benetzte Kleidung sofort ausziehen.

Sachgerechte Entsorgung Als Sondermüll (halogenfreie Lösungsmittel) entsorgen.

Bei Problemen, Anfragen oder Kommentaren schicken Sie bitte eine Nachricht an michael.tuerk@rzsan.uni-wuerzburg.de oder stadler@chemie.uni-wuerzburg.de