Nest Haltung

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Die Gestaltung und Auswahl der Kunstnester spielt in der Ameisenhaltung eine zentrale Rolle für die Erhaltung und Entwicklung der Kolonien.

Ein künstliches Nest sollte möglichst artgerecht, einfach zu Handhaben (z. B. Befeuchtung, Winterruhe, Erweiterung), und gut zu beobachten sein.

Hier eine Schnellübersicht über die mehr oder weniger bewährten Nestformen mit einer kurzen Beschreibung und Bewertung der Vor- und Nachteile. Die einzelnen Nester sind auf gesonderten Seiten ausführlich beschrieben, den Link findest Du im jeweiligen Abschnitt. Durch klicken auf die hier gelisteten Überschriften kommst Du auch direkt zur ausführlichen Nestbeschreibung.

Die verschiedenen Materialien und Bauformen lassen sich natürlich nach Belieben kombinieren und variieren. Lediglich auf die Verträglichkeit sollte dabei geachtet werden! Hier ist Besonders auf die Feuchte zu achten, z. B. Acryl kann sich verziehen und Holz vergammeln.

In der Phase der Koloniegründung ist ein Reagenzglasnest oder ein anderes kleines künstliches Nest besser als ein großes und die Gefahr, dass Teile des Nestes von den Ameisen als Müllplatz verwendet werden ist geringer. Später werden die Ameisen in ein größeres Nest umgesiedelt oder es werden vorher gesperrte Bereiche des Nestes freigegeben.

Reagenzglas

Hauptartikel: Reagenzglas

Das Reagenzglas (RG) stellt im engeren Sinne keine Nestalternative dar, es dient vor allem dem Versand, der Gründung oder der Winterruhe von einzelnen Königinnen und kleinen Kolonien. Gerade diese Kleinkolonien oder auch Gynen in der Gründungsphase sind in einem RG kurzzeitig gut aufgehoben. Das RG ist sehr günstig, einfach einzurichten und sehr gut einsehbar. Bei längerer Haltung oder niedriger Raum-Luftfeuchte kann das erneute Befüllen der Wassertankes vor allem bei einem RG aus Glas zum Problem werden.

Vorteile:
  • Günstig
  • Sehr einfach
Nachteile:
  • Störungen
  • Verschmutzung
  • Kondenswasser
  • nicht auf Dauer geeignet

Reagenzglas-Baum

Der Reagenzglas-Baum steht in der Erprobung für Baumbewohnende Arten wie zB die Weberameisen der Gattung Oecophylla.

Reagenzglas-Farm

Die Reagenzglas-Farm stellt eine Sonderform des Reagenzglas-Nestes dar, werden doch alle Bereiche eines Formicariums durch miteinander verbundene Reagenzgläser gebildet. In der Haltung hat sich diese Form nicht bewährt.

Ameisenfarm

Hauptartikel: Ameisenfarm

Die Ameisenfarm in linearer Ausführung ist mit Sicherheit die bekannteste Form eines Nestes. Die Ameisen können selbstständig ihre Kammern und Gänge graben und durch die Frontscheibe sehr gut beobachtet werden. Ameisen versuchen ihre Bauten grundsätzlich dunkel zu halten, wenn eine Ameisenfarm zu hell ist (bzw nicht Abgedunkelt wurde), werden viele Kolonien die Sichtscheibe mit Erde verschmieren oder die Gänge und Kammern nicht bis an die Sichtscheibe bauen. Die Kolonie sollte in einer Ameisenfarm grundsätzlich Zutritt zu einer Arena bekommen, in der die Tiere Futter suchen, Abfall entsorgen und Trinken können.

Vorteile:
  • mäßige bis gute Einsicht
  • wenig Aufwand
  • relativ natürliche Umgebung
Nachteile:
  • etwas aufwändig in Befeuchtung
  • durch verschmierte Scheiben oft wenig Einsicht
  • bei starken Erschütterungen Einsturz möglich
  • bei Besatz absolut kein Eingriff möglich

Rundfarm

Hauptartikel: Rundfarm

Die Rundfarm ist eine neuere Abwandlung der klassischen Ameisenfarm, hier wird der Nestbereich quasi um einen zylindrischen Kern gewickelt. Im Prinzip gelten die gleichen Vor- und Nachteile der linearen Ameisenfarm, lediglich die Befeuchtung ist erheblich vereinfacht.

Antquarium

Hauptartikel: Antquarium / Gelfarm

Das Antquarium ist eine lineare Ameisenfarm und unterscheidet sich nur durch das verwendete Nestmaterial. Anstelle natürlichen Materials wird hier ein künstliches Gel verwendet, welches eine unerreichte Einsicht in das Nest der Ameisen und sogar in die natürlichen Grabtätigkeiten bietet. Dieses hat jedoch einen hohen Preis, da die Ameisen nicht lange in einem derartigen Gel überleben. Auch kann in den bisher angebotenen Farmen keine Arena angeschlossen werden, was eine zusätzliche Belastung darstellt. In Halterkreisen wird das Antquarium aus verschiedenen Gründen nicht für eine Haltung empfohlen.

Ameiseninsel

Hauptartikel: Ameiseninsel

Eine Ameiseninsel bezeichnet eine Arena, die durch einen breiten Wassergraben gesichert wurde oder komplett in einem Wasserbad steht. Durch das umgebende Wasser werden die Ameisen an der Flucht gehindert, leider teilweise verbunden mit dem Ertrinken der Tiere. Die Ameiseninsel ist relativ arbeitsaufwändig und muss oft kontrolliert werden, durch Verdunstung oder Staub auf der Oberfläche können besonders kleinere Arten schnell ausbüchsen.

Vorteile:
  • gute Beobachtung
  • relativ leicht zu bauen
Nachteile:
  • wartungsaufwändig
  • Verluste durch Ertrinken
  • schnell unansehnlich (z.B. durch Algen)

Gipsnest

Hauptartikel: Gipsnest

Das Gipsnest, eine beliebte Form des Nestes, bietet einen sehr guten Einblick in das Innenleben eines Ameisennestes. Man kann den Tieren hier nicht beim Graben zusehen, da die Kammern und Gänge bereits vorgegeben sind, dies lässt sich aber durch eine Füllung mit Substrat ändern. Vorsicht: Wird es zu eng, kann es passieren, dass sich einige Arten durch den Gips graben.

Vorteile:
  • leicht und billig anzufertigen
  • kann in beliebige Form gegossen werden
  • einfache Befeuchtung
  • gute Beobachtbarkeit
Nachteile:
  • Keine Grabaktivität
  • bei manchen Arten nicht ausbruchsicher

Porenbeton-Nest

Hauptartikel: Porenbeton-Nest

Das Ytong-Nest stellt wohl die beliebteste Nestvariante unter den Haltern dar. Da Ytong (Gas-/Porenbeton) feuchtigkeitsdurchlässig ist, kann dort ein hervorragendes Klima für die Tiere simuliert werden. Das Geschehen innerhalb eines Nestes kann auch hier sehr gut beobachtet werden, nur auf das Graben müssen die Ameisen verzichten. Das Ytong-Nest sollte ebenfalls immer mit einer Arena verbunden werden!

Vorteile:
  • Leicht zu befeuchten
  • Sehr gut zu bearbeiten
  • Flexible Gestaltung
  • Gute Belüftung
Nachteile:
  • Bricht leicht
  • Keine Grabaktivität
  • unnatürlich

Betonnest (Stahlbetonnest)

Das Betonnest ist vielseitig einsetzbar, es besteht wie es der Name schon sagt aus Beton, der sonst zum bauen statisch relevanter oder statisch unrelevanter Bauteile verwendet wird. Der Beton wird in eine vorgefertigt Form gegossen, ähnlich wie es bei Gipsnestern gemacht wird. Dabei ist zu beachten das alle nötigen Sachen, wie Schlauchanschlüsse oder Bewässerungskammern, bereits in der Form vorhanden sind. Der fertige Beton lässt sich nur schwer bearbeiten, daher ist eine gut durchdachte Form unabdingbar.

Der große Vorteil gegenüber anderen Materialien ist, das Betonnester für Ameisen nicht zu zerstören sind. Selbst Arten welche sind sonst durch Porenbeton (Ytong) fressen haben bei diesem Material keine chance zu entkommen.

Bei besonders großen Formen und Betonnestern ist es ratsam den Beton aufzuwerten und sogenannten Moniereisen in den nassen Beton zu geben. Dies erhöht die Festigkeit enorm und das Nest kann nicht mehr reißen oder brechen. (Diese Methode ist im Bauwesen nötig um statisch feste Bauteile herzustellen) Damit erhält man ein Stahlbetonnest für Ameisen.


Vorteile:
  • Unzerstörbar für Ameisen
  • Kann ein leben lang genutzt und gereinigt werden
Nachteile:
  • Sehr schwere Nester
  • Die Herstellung einer Form ist nötig

Der YouTuber InsektenProfi hat diese neue Nestform 2017 entwickelt, eine hilfreiche Bauanleitung -> Betonnest für Ameisen selber bauen

Betonnest.jpg

Holznest

Hauptartikel: Holznest

In einem Holznest bestehen, wie es der Name schon sagt, die Nestkammern zum Großteil aus Holz. Geeignet ist es vor allem für Ameisenarten, die auch in der Natur ihre Nester in Holz anlegen.

Holznester können aus einem Brett, einer Baumscheibe oder kleinen Baumstämmen gefertigt werden. Verwendet werden sollten nur Naturhölzer von Laub- oder Nadelhölzern, keinesfalls Spanplatten oder andere verklebte oder behandelte Hölzer.

Vorteile:
  • Dekorativ
Nachteile:
  • Nur für wenige Arten

Korknest

Hauptartikel: Korknest

Das Korknest gleicht vom Aufbau im Grunde einem Holznest, nur daß anstelle von Holz als Grundbaustoff Kork bzw. Korkplatten zum Einsatz kommen. Wie bei einem Holznest ist das Korknest vor allem für Arten die in Holz bzw. Totholz nisten geeignet und zeichnet sich im Vergleich durch einen höheren Widerstand gegen Schimmelbildung aus, womit es auch besser für eine Bewässerung geeignet ist. Das Korknest bietet wie beim Ytong- und einigen anderen Nesttypen ebenso einen guten Einblick in das Innenleben, wobei aber auch hier die Gefahr besteht, daß die Konstruktion, je Nach Gattung/Art, von der darin lebenden Kolonie erweitert wird.

Vorteile:
  • Befeuchtbar
  • Günstig und relativ leicht und flexibel in der Herstellung
  • Gute Einsicht
  • Artgerecht für Holz bewohnende Arten
Nachteile:
  • Bei manchen Arten nicht ausbruchsicher
  • Schimmel resistent, jedoch kein 100%iger Schutz vor Befall

Acrylnest

Das Acrylnest ist im Prinzip wie eine flache oder runde Ameisenfarm ausgebaut. Lediglich die Erdfüllung der Nestschicht wird durch eine entsprechend starke Acrylscheibe mit ausgearbeiteten Nestkammern und Gängen ersetzt. Diese Nestform ist ausgesprochen dekorativ, besonders in Zusammenhang mit Acryl-Formicarien und -Verbindungen, und von allen Nestformen am besten einsehbar.

Leider ist diese Nestform aber auf Dauer nicht für die Ameisenhaltung geeignet. Durch Ausscheidungen der Ameisen und Futterreste wird das Acryl binnen weniger Wochen unansehnlich. Weiterhin ist das Nest nur schwer feucht zu halten, da Acryl Wasser aufnimmt und sich verzieht. Und nicht zuletzt muss auch diese Nestform verdunkelt werden, was sich gerade bei Kombinationen mit einer fest angeschlossenen Arena nicht leicht gestaltet.

Vorteile:
  • Sehr gut einsehbar
  • Dekorativ
Nachteile:
  • Schwer zu befeuchten
  • Acryl verzieht sich leicht
  • Verschmutzt leicht
  • Absolut unnatürlich

Glasnest / Mininest / Objektträgernest

Hauptartikel: Objektträgernest

Das Mininest ist auch bekannt als Glasnest oder korrekt '’Objektträgernest’’. Das Mininest ist im Prinzip wie die bekannte Ameisenfarm aufgebaut, jedoch wesentlich kleiner und besitzt anstelle der Erdfüllung einen Hohlraum, der von einem Rähmchen aus Karton, Holz oder Kunststoff umgeben ist. Ein schmaler Durchgang in dem Rähmchen verbindet die Nestkammer mit der Außenwelt (Arena). Das Objektträgernest wird in der Regel liegend benutzt. Gegen Lichteinfall ist es durch einen aufgelegten Karton oder rote Folie abgedeckt.

Vorteile:
  • Sehr gut einsehbar
Nachteile:
  • nur für kleine Arten

Objektträgernest.jpg

Ein "Objektträgernest", wie es von uns seit etwa 1970 verwendet wurde (Foto: Buschinger). Hier lebt ein Volk von Temnothorax unifasciatus in dem Nest, seit mehreren Jahren (!). Außer Arbeiterinnen sind Larven, Vorpuppen und Arbeiterinnen- sowie Gynen-Puppen zu sehen. Dieses Nestchen steckte für 2 Jahre in einer Mauerspalte im Garten. Trotz alternativer Nistgelegenheiten zogen die Tiere nicht um. Im Labor liegen diese Nester auf Gips, der bei Bedarf befeuchtet wird. Eine direkte Befeuchtung des Nestchens selbst erübrigt sich.

Siehe auch